Mariä-Entschlafens-Kathedrale


Von den drei Kathedralen, die das architektonische Ensemble des Kathedralenplatzes in der Mitte des Kremlgeländes prägen, stellt die Mariä-Entschlafens- oder, auf Russisch, die Uspenski-Kathedrale, die älteste dar. Sie wurde 1475–79 errichtet und ist das älteste vollständig erhaltene Bauwerk in Moskau und damit auch unter allen Kremlbauten.[39]

Ihr erster bekannter Vorgängerbau entstand in den Jahren 1326–27, kurz vor dem Bau des neuen hölzernen Kremls unter Großfürst Iwan I. Nach Fertigstellung diente die Kathedrale als Hauskirche des Metropoliten von Moskau, der sich im gleichzeitig erbauten Vorgänger des späteren Patriarchenpalastes niederließ. Bis 1472 wurde die inzwischen baufällig gewordene Kathedrale abgetragen und daraufhin an ihrer Stelle ein Neubau errichtet. Dieser stürzte jedoch im Mai 1474, noch vor Fertigstellung – möglicherweise durch ein Erdbeben, anderen Hypothesen zufolge wegen baulicher Mängel[40] – in sich zusammen. Für einen neuen Anlauf verpflichtete der damalige Großfürst Iwan III., der einige Jahre später denn auch die Mauer und Türme der Festung durch italienische Meister neu errichten ließ, den Bologneser Renaissance-Architekten Aristotele Fioravanti. Dieser führte den Bau von 1475 bis zur Weihe am 15. August 1479 durch und orientierte sich dabei deutlich an der bereits bestehenden gleichnamigen Kathedrale in der alten Metropolitenresidenz Wladimir, mit der Fioravantis Kathedrale vor allem ihre schlichte rechteckige Struktur und den fünfkuppeligen Abschluss gemein hat. In einzelnen Elementen, so beispielsweise den Fassadenpilastern in toskanischer Ordnung, knüpfte Fioravanti aber auch an die Renaissance-Architektur an. Die Bemalung der Innenräumlichkeiten der Kathedrale dauerte noch bis ins 16. Jahrhundert hinein.

Von ihrer Fertigstellung bis zur Verlegung der Hauptstadt nach Petersburg galt die Mariä-Entschlafens-Kathedrale als Hofkirche der Moskauer Großfürsten und später der russischen Zaren. Insbesondere fanden hier – auch nach der Verlegung der Hauptstadt – Zeremonien im Rahmen der Krönungsfeiern der Zaren statt. Von 1589 bis 1721, also während des Bestehens des Patriarchenamts in der russisch-orthodoxen Kirche, wurden hier alle Moskauer Patriarchen geweiht und fast alle auch beigesetzt. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wurde das Gotteshaus bei Bränden und militärischen Invasionen mehrmals beschädigt und immer wieder restauriert. Mit dem Aufkommen der Sowjetmacht wurde die Kathedrale für Gottesdienste geschlossen und war bis 1955, wie auch der gesamte Kreml, für die Öffentlichkeit unzugänglich. Danach wurde sie als Museum wiedereröffnet. Seit den 1990er-Jahren finden in ihr an bestimmten Tagen auch wieder Gottesdienste statt.

Große Teile der ursprünglichen Schätze und Kunstwerke der Kathedrale befinden sich heute in der Rüstkammer des Kremls und auch in der Moskauer Tretjakow-Galerie. Ganz oder teilweise im Original erhalten sind die zahlreichen Wand- und Gewölbefresken aus dem Zeitraum vom 15. bis zum 17. Jahrhundert, die Ikonostase aus dem Jahr 1547, Ikonen, von denen die älteste aus dem 12. Jahrhundert stammt, ferner der 1551 für Iwan IV. „den Schrecklichen“ hergestellte Monomachsthron aus kunstvoll geschnitztem Linden- und Nussholz. Entlang der Wände befinden sich Grüfte und Reliquienschreine fast aller Moskauer Patriarchen bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts.